Heizen und Warmwasser mit Erdwärme – funktioniert fossilfreies wohnen?

Die Entscheidung für den Umbau des alten Wirtschaftsgebäudes ist gefallen. Die alte Ruine auf dem Berg an der Hagensche Straße soll zu unserem Wohnhaus und Zuhause werden.
Aber wie wollen wir das Gebäude beheizen und das Warmwasser produzieren? Sollen wir einen Gasanschluss ins Haus legen lassen, oder womöglich mit Öl heizen? Dies kam uns beides nicht gerade zeitgemäß und sinnvoll vor.

Schon oft hatte ich von Erdwärme und Wärmepumpen gehört. Ich fand es schon immer total interessant, dass man aus der Boden Energie holen kann, um diese dann zum Heizen des Hauses zu verwenden. Nach einigen Recherchen und Infogesprächen stand es fest – wir wollen eine „Wasser-Sole Wärmepumpe“.

Wie funktioniert eine Wärmepumpe mit Erdwärme?

Bei diesem Funktionsprinzip wird eine Flüssigkeit (Sole) durch ca. 100 Meter tiefe Bohrungen geleitet und die Wärmeenergie des Erdreichs wird so aufgenommen und ins Haus zur Wärmepumpe geleitet. Dort wird die Energie der Sole an einen weiteren flüssigen Kreislauf (ein Kältemittel) abgegeben und mit Hilfe von Druck wird in einem Wärmetauscher das Heizungswasser erwärmt. Alles was man also für den Betrieb zusätzlich braucht, ist Strom für den Druckaufbau im Kompressor und für die Pumpen der Kreisläufe.
Für Wärmepumpen gibt es separate Stromtarife (sogenannter Wärmepumpenstrom), die pro Kilowattstunde günstiger als die normale Haushaltsstromtarife sind.

Und das Schöne ist – man kann für den Wärmepumpenstrom natürlich auch Ökostromtarife statt herkömmliche Tarife buchen und somit die Wärmepumpe klimaneutral betreiben (von der Herstellung und dem ganzen Drum und Dran natürlich einmal abgesehen).

Statt in die Tiefe nun in die Breite gehen

Nach weiteren Recherchen und Gesprächen kam allerdings erst einmal die Ernüchterung – da unsere Scheune (die zukünftige Wohnung) relativ groß ist, sollten es mindestens drei Tiefenbohrungen á 100 Meter für die Sole-Kreisläufe sein. Ganz schön teuer! Und wenn man dann noch während der Bohrungen auf Granit oder Ähnliches stößt, wird es noch teurer.

Im Gespräch mit unserem Heizungsbauer kam dann eine neue Idee auf – wir saßen im Garten direkt neben der großen Streuobstwiese meines Schwagers, die an unser Objekt angrenzt. „Wir können ja statt in die Tiefe einfach in die Breite gehen!“ sagte er plötzlich mit Begeisterung. „Wir müssen es nur schaffen, ca. 1,5 Kilometer Schlauchleitung sternförmig in die Wiese zu verlegen, ca. 1,50 Meter tief.“.
Oha, das hört sich nach einem lustigen Projekt an! Nach einiger Überzeugungsarbeit ließ sich mein Schwager darauf ein, dass wir seine Streuobstwiese quasi einmal komplett umgraben. Wenn wir vorher gewusst hätten was das bedeutet, hätten wir uns wohl vielleicht doch für die Tiefenbohrungen entschieden. Das Gelände sah zwischenzeitlich aus wie ein Schlachtfeld im ersten Weltkrieg: Vom Schacht mit dem Verteilerknoten aus haben wir sternförmig zehn lange Bahnen gebaggert, die jeweils mindestens 1,50 tief sein mussten. Dort wurden die Schlaufen hineingelegt. Insgesamt 1400 Meter Leitung, die dann als zehn Schlaufen in alle Richtungen verlegt wurden. Aus der idyllischen Streuobstwiese wurde ein Kriegsschauplatz mit lauter Schützengräben, die insgesamt ca. 700 Meter lang waren.

Jetzt im Nachhinein – wo alles fertig ist und die Heizung erprobt – sind wir froh, dass alles geklappt hat und auch die Wiese wieder anfängt zuzuwachsen. Nach einiger Zeit sieht man bestimmt nichts mehr davon und wir haben uns zudem vorher beraten lassen, dass die alten Obstbäume durch die Erdleitungen keinen Schaden nehmen werden.

Hier sieht es noch gar nicht so schlimm aus: Von der Sorte haben wir später noch neun weitere Schächte durch die Wiese gezogen.

Fazit nach der Inbetriebnahme:
Die Wärmepumpe funktioniert prima und es ist ein tolles Gefühl, dass wir das 100 Jahre alte Haus nun mittels der Energie aus dem umliegenden Erdreich und dem Einsatz von Ökostrom komplett beheizen können. Auch unser Warmwasser wird auf dem Weg erzeugt. Wir verbrennen nichts und haben keinen Schornstein. Fossilfrei wohnen funktioniert.

Das Radladerfahren macht mir Spaß! Aber nach einigen Tagen wird es dann doch lästig, wenn die Arbeiten sich immer weiter hinziehen und kein Ende nehmen …
Auch eine energetische Außendämmung für den Altbau ist sinnvoll, um den Stromverbrauch der Wärmepumpe niedrig zu halten. Hier entschieden wir uns für umweltfreundlichere Mineraldämmung und nicht für Styropor.

Nachtrag – Rückblick im Jahr 2023

Auf LinkedIn habe ich mit einer „Rückblick Serie“ begonnen. Teil 1 behandelt die damals installierte Wärmepumpe. Für eine aktuelle Bewertung kopiere ich nachfolgend den Inhalt meines Postings in diesen Beitrag von 2012 hinein:

Rückblick: Unsere Wärmepumpe ist seit 12 Jahren im Einsatz und hat seitdem ca. 310.000 kWh Erdgas eingespart, das finde ich beeindruckend! Funktioniert sie immer noch und würde ich mich heute wieder so entscheiden?

🏡 Im Jahr 2012 hatten wir die Sanierung unseres über 100 Jahren alten Gebäudes abgeschlossen. Zu der Zeit startete ich mit meinem Blog unter dem Motto „Schritt für Schritt zu mehr Nachhaltigkeit“. 👣

Mit meiner Rückblick-Serie möchte ich vergangene Themen meines Blogs beleuchten und schauen, was sich seitdem getan hat.
Beim Beginn der Sanierung stellte sich damals die Frage welche Heiztechnik in das alte Gebäude eingebaut werden sollte – über verschiedene Umwege fiel die Entscheidung letztendlich auf eine Wärmepumpe, aus heutiger Sicht: Zum Glück!

Wir hatten in all den Jahren bisher keine großen Reparaturen und bis heute versorgt sie uns zuverlässig mit Heizwärme und Warmwasser, von Anfang an mit einem Ökostromtarif. Heute unterstützt durch PhotovoltaikSpeicher und einem dynamischen Stromtarif. Fossilfreies Wohnen funktioniert!

🔝 Ich habe kürzlich ausgerechnet, welche Menge an Gas wir verbraucht hätten, wenn wir uns für eine Gastherme entschieden hätten und kam dabei auf über 300.000 Kilowattstunden, beeindruckend!
Wenn ich mir vorstelle, dass diese Ersparnis in nur einem einzigen Haus erfolgt ist und was für einen Effekt es haben kann, wenn es Millionen Haushalte sind.

👉 Jeder Fall ist unterschiedlich und muss individuell bewertet werden. Wenn jedoch eine große Sanierung oder ein Neubau ansteht, dann ist die Wärmepumpe sicherlich meistens die erste Wahl.

Aber auch für viele Bestandsgebäude funktioniert eine Wärmepumpe oftmals sehr gut. Ich kenne persönlich einige ältere Gebäude, wo ein Wechsel – auch ohne vorhandene Fußbodenheizung – erfolgreich und wirtschaftlich war.
Natürlich muss man nichts überstürzen und eine intakte und funktionierende Gastherme sofort herausreißen. Eine Pflicht dazu besteht ja auch mit dem GEG („Heizungsgesetz“) nicht. Aber es gibt viele Objekte, wo sowieso etwas getan werden muss und eine Sanierung ansteht. 👈



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Ein Beitrag von Tobias Heinze
Ich versuche meinen persönlichen Fußabdruck immer kleiner werden zu lassen und mit meiner Familie möglichst „fossilfrei“ und umweltschonend im Bereich Wohnen, Mobilität, Urlaub und Ernährung zu sein.

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