13. März 2023

LZ Artikel: Was Hausbesitzer für die Energiewende tun können

Kürzlich sprach mich eine Redakteurin der Lippischen Landeszeitung an. Sie hatte von meinem geplanten Vortrag in der Heerser Mühle gehört und wollte einen Artikel zum Thema „Energiewende bei Eigenheimen“ schreiben. Wir setzten uns also zu einem Gespräch zusammen und heute ist der Artikel erschienen – sehr informativ und umfassend!


Lippische Landeszeitung, Ausgabe 10.03.2023
Von: Alexandra Schaller (Kontakt: aschaller@lz.de)

„Können so nicht weitermachen“: Was Häuslebesitzer für die Energiewende tun können

Bad Salzuflen. 16 Millionen Eigenheime gibt es in Deutschland. „Darin steckt ein Riesenpotenzial an Energiegewinnung“, sagt Tobias Heinze. Aber wie können sich Eigenheimbesitzer in Sachen Energiewende optimal aufstellen? Wo gibt es Infos, was geht im Bestand und woran sollte unbedingt denken?
Am Dienstag, 21. März, hält der Nachhaltigkeitsblogger aus Lage dazu einen Vortrag im Umweltzentrum Heerser Mühle. Er erzählt von seinen eigenen Erfahrungen und hat Rechenbeispiele sowie Tipps im Gepäck. Die LZ hat ihn vorab getroffen.

Ziel der Familie ist Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen

Eigentlich wollten Tobias Heinze und seine Frau neu bauen – 2011 entscheiden sie sich dann aber, stattdessen eine alte Ruine in Lage-Hagen zu renovieren. Über die Jahre wird daraus ein CO2-neutrales Haus mit Erdwärmepumpe, Wohnraumlüftung, Photovoltaikanlage, Regenwassernutzung, Stromspeicher und Sonnentankstelle für E-Autos. 

Unabhängig von fossilen Brennstoffen zu sein, ist von Anfang an das große Ziel der Familie. Heute haben sie das geschafft: Sechs Monate im Jahr sind Heinzes zu 95 Prozent autark, im Schnitt kommen sie pro Jahr auf rund 60 Prozent Autarkie – bei einem Bedarf in 2022 von rund 14.000 Kilowattstunden unter anderem für Warmwasser, Heizung und E-Mobilität.

Veränderungen stehen an: „Leute brauchen einen Anschubser“

Die Zeiten ändern sich, das spürt Tobias Heinze deutlich. 2017 schaffte sich die Familie ein erstes E-Auto an, 2019 kam mit Heinzes Firmenwagen ein zweites dazu. Anfangs sei man kaum darauf angesprochen worden – doch seit der Krise und den gestiegenen Spritpreisen hat sich das deutlich geändert, erzählt Heinze.

Gleiches gilt für die Nachfrage nach Wärmepumpen und PV-Anlagen. „Die Leute brauchen einen Anschubser“, sagt Heinze. Wo der Klimawandel als Motivation nicht reiche, sei es bei vielen erst der monetäre Aspekt gewesen, der zum Umdenken angeregt habe. Sei es drum: „Am Ende zählt der positive Effekt“, sagt Heinze.

Ökostrom bei verschiedenen Anbietern

Bevor Tobias Heinze die PV-Anlage installierte, setzte er komplett auf Ökostrom. Er empfiehlt Anbieter wie „Polarstern“, der komplett unabhängig von Kohle- und Atomstromkonzernen ist und echten Ökostrom aus Wasserkraft bezieht, oder die Genossenschaft „Bürgerwerke“. Wer sich über Anbieter informieren will, kann das auf der Seite der Ökostromsuchmaschine www.wirklich-gruen.de tun.

Photovoltaikanlage „rechnet sich fast immer“

Erst 2021 ergänzt Familie Heinze ihr Haus um eine PV-Anlage mit 14,2 Kilowattpeak Leistung, die in Ost-West-Richtung ausgerichtet ist. Und genau da liegt der Knackpunkt: „Oft wird nur zur Südausrichtung geraten“, sagt Heinze. Das sei auch bei ihm der Fall gewesen. Trotzdem produziere er nun an sonnigen Tagen im Schnitt von 6 bis 21 Uhr Strom und könne nur jedem zu einer PV-Anlage raten. „Es rechnet sich fast immer“, sagt er.

Wer sich die Ausrichtung der eigenen Dachflächen ansehen und mögliche Module berechnen lassen will, kann das online unter www.solardachkataster-lippe.de tun. Sinn mache es vorab auch, Foto zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten von den Dachflächen zu machen, um den Schattenwurf von umliegenden Häusern oder Bäumen zu beurteilen. „Dann kann man gucken, wie sinnig eine Anlage ist.“

Hat man sich entschieden, rät Heinze zu einem regionalen Anbieter. Von Mietmodellen hält er im Übrigen wenig. „Am Ende zahlt man mehr, als wenn man die Anlage über gut zehn Jahre abbezahlt.“ Denn danach laufe sie ja noch 20 bis 30 Jahre weiter. „Und dann beziehe ich den Strom komplett kostenlos.“

Bei der Anschaffung sollte laut Heinze in jedem Fall auf die Notstromfähigkeit geachtet werden. Hat die PV-Anlage dies nicht, fällt sie bei einem Stromausfall ebenfalls aus. Ist sie notstromfähig, läuft sie auch bei Netzausfall normal weiter.

Heinze ist zudem ein absoluter Verfechter eines zusätzlichen Speichers, er selbst hat eine Batterie mit einer Größe von 12,5 Kilowattstunden zuhause verbaut. Denn weil sich das Einspeisen des überschüssigen Stroms aufgrund der geringen Vergütung nicht mehr wirklich lohnt, ist man so sein eigener Herr über den produzierten Strom. Zwar sei die Anschaffung einer Batterie zunächst teurer, „dafür kann ich mehr Eigenstrom nutzen und werde autarker“, sagt er. Und am Ende amortisiere sich das.

Wallbox und E-Autos gehen Hand in Hand mit PV-Anlagen

Wer sich eine PV-Anlage anschafft, ist meist nicht weit vom Kauf eines E-Autos entfernt – oder umgekehrt, weiß Tobias Heinze. „Es macht einfach Sinn, weil beides so gut zusammengeht.“ Allein im vergangenen Jahr seien er und seine Frau mit beiden E-Autos gut 12.000 Kilometer allein mit Sonnenstrom vom Dach gefahren.

Gerade bei Firmenwagen sei es schade, wenn nicht wenigstens über ein E-Auto nachgedacht werde. „Viele sind da einfach zu bequem.“ Trotzdem habe insgesamt ein Umdenken stattgefunden – Überzeugungsarbeit müsse eigentlich nicht mehr geleistet werden. „E-Autos werden sich durchsetzen.“

Wer sich passend zum E-Auto die Ladestation, eine sogenannte Wallbox, anschafft, der sollte darauf achten, dass diese „intelligent“ ist und Überschussstrom laden kann. Heißt: Sie nutzt den Strom, der sonst ins Netz eingespeist würde. „Man sollte sich hier gründlich informieren und unbedingt danach fragen“, rät Heinze.

Kleine Schritte sind entscheidend

Wer nicht direkt sein ganzes Haus umbauen oder im großen Stil investieren kann oder möchte, kann auch klein anfangen: Schon für wenige hundert Euro gibt es sogenannte Balkonkraftwerke, die Strom im kleinen Stil produzieren. Zudem können Projekte wie die Umweltinitiative Lemgo-Lippe finanziell unterstützt werden, die die Erzeugung von mehr regenerativer Energie zum Ziel habe.

Wer sein Haus im Bestand saniert, für den halten das Internet oder Youtube reichlich informative Videos bereit, Infos gibt es etwa unter www.energiewechsel.de. Wer darüber nachdenkt, sein Haus im Bestand energetisch auf den neuesten Stand zu bringen, für den könnten auch Komplettanbieter etwas sein, sagt Tobias Heinze – die bieten von der Wärmepumpe bis hin zur PV-Anlage alles an und vernetzen die Anlagen intelligent untereinander. Denn das allerwichtigste sei am Ende, die Sonne am effektivsten zu nutzen.

Fazit: „Wir können so nicht weitermachen“

Tobias Heinze hat seinen eigenen Weg nicht bereut. „Wir können ohne Einbußen ohne fossile Brennstoffe leben“, sagt er. „Es funktioniert, und jeder kann für sich den ersten Schritt tun.“ Aber er wolle auch niemanden missionieren und erst recht keine Vorwürfe machen. Wichtig sei ihm, dass ein Umdenken stattfinde – und genau das wolle er mit seinem Vortrag erreichen. Denn eines steht für ihn fest: Wir müssen weg von fossilen Brennstoffen. „Wir können so nicht weitermachen – und wir haben die technischen Möglichkeiten, etwas zu ändern.“

Vortrag im UWZ am 21. März

Tobias Heinze ist 48 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Töchter. Der gebürtige Lemgoer lebt mit seiner Familie in Lage, beruflich ist er Chef einer Lemgoer Werbeagentur. Auf seinem Blog tinyfootprint.de schreibt er in seiner Freizeit über Themen wie Energiewende, E-Mobilität, Regionalität, aber auch Ernährung, Wohnen oder Arbeit.

Für seinen Vortrag „Energiewende für Eigenheimbesitzer – fossilfrei leben ist möglich“ kommt er am Dienstag, 21. März, ins Umweltzentrum Heerser Mühle. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Heinze steht dann auch für Fragen zur Verfügung.

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Online auf der Homepage der LZ zu finden:
https://www.lz.de/lippe/bad_salzuflen/23504382_Koennen-so-nicht-weitermachen-Was-Haeuslebesitzer-fuer-die-Energiewende-tun-koennen.html


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Ein Beitrag von Tobias Heinze
Ich versuche meinen persönlichen Fußabdruck immer kleiner werden zu lassen und mit meiner Familie möglichst „fossilfrei“ und umweltschonend im Bereich Wohnen, Mobilität, Urlaub und Ernährung zu sein.

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